Die zweite Marburger Zukunftskonferenz „MenschenKinderRechteZukunft“ verband diese globalen Themen mit zivilgesellschaftlichem Engagement vor Ort und machte sie niedrigschwellig erfahrbar.

Bild: Teilnehmer der Zukunftskonferenz diskutieren vor einem Bild, das Kinder aus der Ukraine bei einer Ferienfreizeit in Marburg 2018 malten.
Am 25./26. Oktober 2024 fand die zweite Marburger Zukunftskonferenz mit dem Titel „MenschenKinderRechteZukunft“ in der Lutherischen Pfarrkirche St. Marien statt. Initiator Thomas Gebauer gelang es mit seiner agent21-Zukunftswerkstatt unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen. Die Gespräche, Lesungen und Mitmachaktionen folgten der Frage, wie Menschenrechte und insbesondere Kinderrechte gestärkt und geschützt werden können.
Beim Symposium am Freitagabend stellten dazu Schohreh Baddii (Autorin und Traumatherapeutin), Dr. phil. Ali Fathi (Autor und Coach), Dr. phil. Susanne Schmelter (MANARA Association für multilateralen Dialog, Genf), Stanley Silewu (Buchherausgeber und system. Berater), Yusuf Kaan Müller (Erzieher und Kinderbuchautor), Stephanie Bachmann (Fachleiterin für Kunst und Ausbilderin für Allgemeinpädagogik am Studienseminar für Gymnasien Marburg), Franziska Heidgen (Studentin Uni Marburg, Menschenrechtsaktivistin) ihre Ansätze dar und diskutierten mit den Teilnehmern, die ihre Perspektiven insbesondere aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Kultur- und Friedensarbeit in Marburg beisteuerten.
Schnell wurde deutlich, dass die vielfältigen Ansätze einen Spagat vollziehen: zwischen der Auseinandersetzung mit den aktuellen Kriegen und dem Protest gegen Menschenrechtsverbrechen einerseits und der Bedeutung von Spaß und Spiel für die Entwicklung hoffnungsvoller Zukunftsperspektiven andererseits. Bewusst hatte Thomas Gebauer bei der Planung der Konferenz darauf gesetzt, Themen von Krieg und Vergangenheitsbewältigung und die Schaffung von positiv besetzten Erinnerungsbildern zusammenzubringen. Denn, so seine Überzeugung, „die Erinnerung an eine glückliche Kindheit hält die Welt im Inneren zusammen“.
Auf Kinderfreizeiten hat er bereits seit 40 Jahren und seit gut 25 Jahren mit der agent21-Zukunftswerkstatt die Kinderrechte in den Fokus gestellt und mit den Stimmen und kreativen Ausdrucksweisen der Kinder die Stärkung ihrer zentralen Rechte gefördert. So hing in der Luth. Pfarrkirche auch ein großes Gemälde, das auf einer Ferienfreizeit mit Kindern entstanden war. Es drückt die Vision von einer Welt aus, in der Frieden, Gerechtigkeit, Nahrung, sauberes Wasser, Bildung und Gesundheitsversorgung gewährleistet sind. Gleichzeitig war die Zukunftskonferenz auch Finissage der Ausstellung “TOGETHER – WE are the FUTURE” von Thomas Gebauer: Die Fotografien der Massai Mara in Kenia geben Impulse zum Voneinander-Lernen im Hinblick auf kulturellen Reichtum und Lebensweisheiten und auch zur Anerkennung und Aufarbeitung der Kolonialgeschichte.
Beim interaktiven Teil der Konferenz am Samstag standen nicht nur Spiel- und Mitmachangebote für Kinder im Zentrum, sondern auch die Bedeutung von „Erinnerungswerkzeugen“ um schwierige Erfahrungen zu bearbeiten. Die Schriftstellerin Schohreh Baddii berichtete etwa davon, wie sie ihren Ehemann beim sog. Mykonos-Attentat verlor und wie sie seitdem ihr Trauma versucht in autobiographischen Texten zu bearbeiten. Ali Fathi stellte sein Buch Gomnam vor, in dem sich der gleichnamige Protagonist nach seiner Flucht vor Gewaltherrschaft im Iran im Exil in Deutschland wiederfindet.
Präsent waren auch das Marburger Bündnis gegen Krieg sowie einer Gruppe Studierender, die seit dem Krieg gegen Gaza konsequent gegen die Kriegsverbrechen protestiert. Sie teilten Informationsmaterial, und die Studierenden bemalten Banner mit Blutstropfen: Jeder Blutstopfen sollte eines der in Gaza getöteten Kleinkinder symbolisieren. Die Zukunftskonferenz dauerte zwar nicht lange genug um für sie alle einen roten Blutstropfen zu malen, aber die Aktion rief eindringlich in Erinnerung, dass Kinderrechte mit politischer Verantwortung einhergehen und eine Positionierung im Sinne des Völkerrechtes erfordern.
So kamen Protest gegen Krieg und die Anerkennung der kleinen Momente, die Hoffnung und Inspiration geben, zusammen. Der Erzieher und Kinderbuchautor Yusuf Kaan Müller las aus einem Entwurf seines Kinderbuches, das für Natur und Tiere begeistert. Stanley Silewu untersucht als Herausgeber des Buches „Sinn im Alltag erleben und stiften“ die Rolle von Vorbildern und Inspirationen und wie Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Lebensweisen zur Gestaltung der Gesellschaft beitragen.
Unterschiedliche Positionen, Hintergründe, Erfahrungen und Wissensschätze anerkennen; einander zuhören; ins Gespräch kommen; durch Vernetzung neue Möglichkeiten entstehen lassen; Solidaritäten bündeln; sich auf Kinder- und Menschenrechte als kleinsten gemeinsamen Nenner berufen und so für die uns anvertrauten Kinder da sein – all dies war auch bei dieser zweiten Marburger Zukunftskonferenz wieder das Leitmotiv.
Um das alles zu organisieren, brauchte es nicht nur den Mut und Einsatz von agent21-Begründer Thomas Gebauer, sondern auch einen Raum. Diesen bot die Luth. Pfarrkirche mit dem angrenzenden interkulturellen Begegnungszentrum Kerner. So waren es das Angebot von öffentlichem oder privatem Raum sowie dessen kreative Nutzung und Aneignung, die Begegnungen ermöglichten, in denen die Prinzipien der Menschenrechte mit Spaß und Ernsthaftigkeit gelebt und verteidigt werden.







Im Hintergrund: Fotografien der Ausstellung TOGETHER – WE are the FUTURE.
Fotos und Text: Susanne Schmelter